Die Zuschauer begleiteten am 14. und 15. April 2008 in dem Stück junge Menschen am Ende des 19. Jahrhunderts, die sich auf der Schwelle zum Erwachsenwerden befinden. Sie sind mit ihren „aufblühenden“ Gefühlen und Gedanken zwischen den geltenden Normen der Elterngeneration und ihren eigenen Wünschen, Sehnsüchten und Wertvorstellungen gefangen.
Neugier, Mut und Angst mischen sich in den Jugendlichen, wenn sie sich u.a. mit dem Thema Sexualität auseinandersetzen.
Darsteller/innen und die anderen Mitglieder des Ensembles sowie den GZ-Artikel finden Sie hier.
Weitere Bilder der Vorstellungen können Sie sich ebenfalls ansehen.
Goslarsche Zeitung vom 16.4.2008
Von Teens, Tabus und Störchen
Viel Applaus für Theater AG mit "Frühlings Erwachen"
Von Janina Jankowski
Wenn „erste männliche Regungen" bei Teenagern für Todesängste sorgen, und 14-jährige Mädels noch an den Kinder bringenden Storch glauben, dann läuft etwas falsch. Oder man befindet sich vielleicht einfach in Frank Wedekinds Stück „Frühlings Erwachen". Mit dem feierte die Theater AG des Werner-von-Siemens-Gymnasiums in der ausverkauften Aula unter der Leitung von Lehrerin Britta Strese am Montagabend eine gelungene Premiere und schob eine ebenso runde Vorstellung am Dienstag nach.
Elektrobeats füllen die Aula zum Auftakt. Der Schriftzug „Lebe Dein Leben" prangt in fetten Buchstaben über der Bühne. Und zwischen den kleinbürgerlichen Moralvorstellungen des wilhelminischen Kaiserreichs des 19. Jahrhunderts sollte eigentlich für die Schüler Wendla Bergmann (Tami Beer), Melchior Gabor (Pero Dosenovic), Moritz Stiefel (Rashid Naser) und Co. getreu nach Nenas Song „irgendwie irgendwann irgendwo die Zukunft" anfangen. Dass das nicht so einfach ist und Jugendliche nicht einfach „funktionieren", wird schnell klar.
Und trotz Ausflügen in die Moderne mit Musik, Dialogen und den sexy gestylten Models Ilse (Marianna Burchardt) und Lene (Hülya Poyraz) sowie humoriger Einlagen wie von Danny Ueberschär, der mit seiner Darstellung verbohrter, zu Marschmusik stolzierender Lehrer passend zum an die Wand projizierten Bildnisses von Kaiser Wilhelm ein komisches Talent bewies, verlor das Stück nicht an Ernsthaftigkeit.
Dem Zuschauer blieb am Ende das Lachen im Halse stecken. Denn deutlich bewiesen die 16 Schauspieler trotz einer gewissen beabsichtigten Komik viel Sensibilität für die durch sexuelle Tabuisierung und enge gesellschaftlichen Muster entstehenden Probleme. Sie zeigten, wie Moralvorstellungen der Eltern zwei Jugendliche in den Tod treiben. Die unaufgeklärte Wendla stirbt nach einer von der Mutter erzwungenen Abtreibung. Der schlechte Schüler Moritz erschießt sich, weil er dem Leistungsdruck nicht Stand hält.
Und wer weiterlebt, wird kämpfen müssen. Für ein Leben neben den Normen, für homosexuelle Liebe oder gegen das Trauma, von den Eltern geschlagen worden zu sein. So fangen im Laufe des Stücks zeitliche Grenzen an zu verschwimmen. Und so manch ein Zuschauer des 21. Jahrhunderts wird sich nach Abebben des verdient kräftigen Applauses vielleicht mit Blick auf diese Probleme gefragt haben: Hat sich mittlerweile wirklich alles geändert?
Foto rechts: Die 14-jährige Wendla (Tami Beer, 2. v. l.) weiß noch nicht, dass sie nicht krank, sondern schwanger ist. Der Arzt (Julia Sturm, rechts) ist zur Untersuchung gekommen. Wendlas Mutter (Viktoria Dewald, links) und ihre Schwester (Marieke Düber) halten Händchen. Foto: Jankowski |
Bild oben: Martha (Isanna Herden) und Thea (Ina Lechner) malen sich ihr zukünftiges Familienleben mit eigenen Kindern aus. Das "unsichtbare Straßenkind" (Navina Bohnsack) hört amüsiert zu und ... Bild rechts: ... kann es nicht fassen, dass Frau Bergmann (Viktoria Dewald, links) es einmal wieder nicht schafft, ihre Tochter Wendla (Tami Beer, rechts) aufzuklären. |
Bild links: Bild rechts: |
Bild oben: Die Erwachsenen trauern vor dem Grab von Moritz, die Kinder schauen zu. Bild links: Der Lehrer (Danny Ueberschär) vor dem Abbild des Kaisers in der Konferenz. Bild rechts: Das nächste Unglück kündigt sich an. Wendla (2. v.r.) wird unter den Augen ihrer Mutter und ihrer Schwester vom Arzt (Julia Sturm, rechts) untersucht. |
Begegnungen Rechtes Bild: Auf dem Friedhof trifft Melchior (Pero Dosenovic, Mitte) den toten Moritz (Rashid Naser, links) und eine seltsame maskierte Gestalt (Annika Gärtner, rechts). Unten: Hänschen Rilow (Florian Hinze, links) und Ernst Röbel (Cedrik Wilm, rechts). |
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Fotos: Janina Jankowski (GZ)
"Epilog"
Geschafft! Bild oben: Das Ensemble mit der Leiterin Frau Strese (Mitte). Bild rechts: Die Schulleiterin, Frau Treinies, beglückwünscht Frau Strese zur gelungenen Premiere. Bild unten: Lang anhaltender Applaus für die Mitglieder der Theater AG von Schüler/innen, Verwandten, Bekannten und sogar Ehemaligen! |
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Fotos: Janina Jankowski (GZ) |
Personen und Darsteller: | |
Frau Bergmann | Viktoria Dewald |
Wendla Bergmann | Tami Beer |
Frau Bessel | Franziska Hauschild |
Frau Gabor / Model Lene | Hülya Poyraz |
Martha Bessel | Isanna Herden |
Thea | Ina Lechner |
"Unsichtbares Straßenkind" | Navina Bonsack |
Melchior Gabor | Pero Dosenovic |
Moritz Stiefel | Rashid Naser |
Hänschen Rilow / Herr Stiefel | Florian Hinze |
Sämtliche Lehrer und Hausmeister | Danny Ueberschär |
Pastor / Arzt | Julia Sturm |
Ina Müller (Wendlas Schwester) | Marieke Düber |
Model Ilse / Frau Dingel | Marianna Burchardt |
Herr Gabor / Ernst Göbel | Cedrik Wilm |
Maskierte Gestalt | Annika Gärtner |
Sämtliche Lehrer und Hausmeister | Danny Ueberschär |
Technik: | |
Licht / Musik / Projektionen | Mathias Hartewieg, Jan Taeschner, Jaqueline Wiehe, André Volkmer |
Fotografien für Projektionen | Mathias Hartewieg, Jan Taeschner, Britta Strese |
Plakate | Klasse 9c unter Leitung von Frau Schulze |
Requisite | Kunst-AG unter Leitung von Frau Schulze |
Kulisse | Olaf Homuth, Herr Nitschke |
Regie: | Britta Strese |