In diesem Jahr feiern wir nicht nur das 75. Jubiläum des deutschen Grundgesetzes, das am 23. Mai 1949 in Kraft trat, sondern auch den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT), der jedes Jahr am 17. Mai begangen wird. Der 17. Mai wurde gewählt, um an den Tag im Jahr 1990 zu erinnern, an dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschloss, Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten zu entfernen. Diese Entscheidung war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung der Rechte und Würde von LGBTIQ+ Personen weltweit. Die Idee des IDAHOBIT entstand vor zwanzig Jahren im Jahr 2004 und hat seitdem an Relevanz gewonnen. Doppelte Bedeutung hat das Datum 17.5. besonders in Deutschland, da vor dreißig Jahren im Jahr 1994 der Paragraph 175 aus dem Strafgesetzbuch der Bundesrepublik gestrichen wurden. Dieser stellte vermeintlich homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe und wurde von seinem Ursprung im Kaiserreich über die Weimarer Republik, den NS-Staat bis hin in unsere Demokratie getragen und verfolgt.
Seit seiner Verabschiedung vor 75 Jahren hat das deutsche Grundgesetz die Grundrechte und -freiheiten der Bürgerinnen und Bürger geschützt. Artikel 3 des Grundgesetzes verbietet die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Abstammung, Rasse [Anm.: Dieser Begriff soll zukünftig durch einen anderen ersetzt werden], Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöser oder politischer Anschauungen und Behinderung. Ein bedeutsames Versprechen auf Gleichheit und Gerechtigkeit, das jedoch eine entscheidende Lücke aufweist: den Schutz sexueller Identität.
„Queere Rechte sind Menschenrechte“ – dieser Satz unterstreicht die grundlegende Tatsache, dass die Rechte von LGBTIQ+ Personen untrennbar mit den universellen Menschenrechten verbunden sind. Die Achtung und Förderung der Menschenrechte ist ein zentraler Bestandteil der Wahrung und der Werte unserer Demokratie. In einer demokratischen Gesellschaft sollten alle Menschen gleiche Rechte und Chancen haben, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität. Die Anerkennung und Förderung der Rechte von LGBTIQ+ Personen stärkt nicht nur die Demokratie, sondern auch die Vielfalt, Toleranz und Akzeptanz in unserer Gesellschaft.
Der IDAHOBIT erinnert uns jedes Jahr daran, dass LGBTIQ+ Rechte nach wie vor bedroht sind und dass wir uns weiterhin für eine Welt einsetzen müssen, in der jede Person frei ist, ihre Identität zu leben, ohne Angst vor Diskriminierung oder Gewalt. Es ist ein Tag der Solidarität, an dem queere und nicht-queere Menschen ihre Unterstützung zeigen.
Während wir das 75. Jubiläum des deutschen Grundgesetzes feiern, ist es an der Zeit, unsere Verfassung zu aktualisieren und sicherzustellen, dass sie die Realitäten und Bedürfnisse aller Menschen in Deutschland widerspiegelt. Die Erweiterung von Artikel 3 um den Schutz sexueller Identität wäre ein bedeutender Schritt in Richtung einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft.
Als Schule stehen wir fest hinter der Forderung nach Gleichberechtigung und Respekt für alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität. Wir ermutigen unsere Schülerinnen und Schüler, sich zum einen aktiv für LGBTIQ+ Rechte und zum anderen für eine Welt einzusetzen, in der Vielfalt gefeiert und jede Person vollständig akzeptiert wird.
Text von Kara-Arietta Lissy (Lehrkraft)